Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) vergibt in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit in diesem Jahr einen mit 1000 Euro dotierten Förderpreis für Philosophie in der Psychiatrie. Die Auszeichnung geht an Frau Dr. med. Swantje Notzon von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie des Universitätsklinikums Münster für ihre nachwuchswissenschaftliche Arbeit „Schärfer als die Realität? – Was wir von psychischen Erkrankungen und virtuellen Räumen über unser Wirklichkeitserleben lernen können“. Der Förderpreis wurde heute Vormittag im Rahmen des DGPPN Kongresses verliehen.
Der Beitrag von Frau Dr. Notzon beschäftigt sich mit der Fragestellung nach Realitätskonstruktionen bei verschiedenen psychiatrischen Störungsbildern. Er wurde von der Jury als aktuell relevant und in seinem Vorgehen als innovativ angesehen und bewertet.
Menschen setzen sich heute künstlichen Wirklichkeiten aus, indem sie sich in Computerwelten bewegen. Bei psychischen Erkrankungen können jedoch Trugwahrheiten als wirklich und tatsächliche Erlebnisse als unwirklich eingeordnet werden. In ihrer Arbeit zeigt Frau Dr. Notzon auf, dass Wirklichkeitserleben bei Erkrankungen und in virtuellen Welten denselben Grundsätzen folgt und unser Gehirn seine Umgebung ständig auf ihren Realitätsgehalt prüft. Gefühls- und Wirklichkeitserleben beeinflussen sich gegenseitig. Die junge Psychiaterin setzt sich mit der Rolle von Sinneswahrnehmungen auseinander, diskutiert die Möglichkeiten zur Erfassung und Beeinflussung von Wirklichkeitserleben und nähert sich der Frage, unter welchen Bedingungen dies süchtig machen kann. Dies erklärt einen Teil des Suchtpotentials von virtuellen Realitäten, insbesondere von Computerspielen im Netz und so leistet Frau Dr. Notzon einen wertvollen Beitrag sowohl für die Disziplin der Psychiatrie wie auch der Philosophie. Notzon schlussfolgert: „Wirklichkeitserleben ist eine fundamentale und auf den ersten Blick banale menschliche Erfahrung. Deshalb läuft es Gefahr, durch die Beschäftigung mit eindrücklicheren psychischen Beschwerden in den Hintergrund gedrängt zu werden. Dabei verdient unser so genanntes Realometer gerade im heutigen Zeitalter der multiplen virtuellen Wirklichkeiten Aufmerksamkeit, damit es sich nicht in die Irre führen lässt und uns weiter zu erkennen hilft, was wirklich und wichtig ist.“
Hintergrund
Mit dem DGPPN-Preis für Philosophie in der Psychiatrie werden hervorragende wissenschaftliche Arbeiten im Grenzgebiet zwischen beiden Disziplinen ausgezeichnet. Die Beiträge sollen systematischen Anspruch und aktuelle Relevanz haben und zu einem Erkenntnisgewinn für beide Disziplinen beitragen. Die Wettbewerbsbeiträge sollen eine theoretische Verbindung von Philosophie und Psychiatrie vorlegen, die mit philosophischer Begrifflichkeit arbeitet und eine interdisziplinäre Fragestellung erkennen lässt. In diesem Jahr wurde die Preisträgerin aufgrund des Nachwuchscharakters ihrer Arbeit mit einem Förderpreis mit halbem Preisgeld ausgezeichnet. Mit der Durchführung des Wettbewerbs ist das DGPPN-Referat „Philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Psychotherapie“ betraut.
http://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/...Quelle: Kongress-Presseservice 2013, Presse 2013, DGPPN-Preis 2013, 27.11.2013
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